Einig in der Uneinigkeit – Die vier Alliierten in Berlin

Autorius: SputnikNews Šaltinis: https://de.sputniknews.com/ges... 2020-01-22 20:08:17, skaitė 604, komentavo 0

Einig in der Uneinigkeit – Die vier Alliierten in Berlin

Einig in der Uneinigkeit – Die vier Alliierten in Berlin

Diepgen illustrierte das am Beispiel der Luftkorridore, welche den West-Alliierten erlaubten, über Territorium zu fliegen, das eigentlich der Lufthoheit der Sowjetunion unterlag. Die drei Korridore zwischen Westdeutschland und Berlin hatten die Alliierten 1945 festgelegt. Anstatt diese später an die modernen Technologien anzupassen, blieben die Korridore bis 1990 mit den genau gleichen Maßen bestehen. Das hieß: die Flugzeuge konnten maximal in einer Höhe von 10.000 Fuß (etwa 3.000 Meter) fliegen. Dies wiederum machte Inlandsflüge über diese Korridore im Jahre 1990 „holprig“, wie es Diepgen beschrieb. Da die Flugzeuge im Jahre 1945 tiefer flogen und – wie erwähnt, die 1945 festgelegten Parameter der Luftkorridore nie geändert wurden – waren die modernen Flugzeuge später gezwungen genauso tief zu fliegen.

Viele Entscheidungen, welche die Alliierten trafen, wurden über die Köpfe der Deutschen hinweg entschieden. Bernd von Kosta, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Alliierten Museum Berlin, fragte sich, ob es nicht an einem grundsätzlichen Strukturfehler lag. Kosta beschrieb beispielsweise die Art der Zusammenarbeit zwischen den Alliierten und der Stadtkommandantur West-Berlins als „Flash Procedure“. Dabei ging es um das Vermeiden von Zusammenarbeit. Die Alliierten versuchten gezielt so wenig Kontakt wie möglich mit den Stadtkommandanten zu haben. Nur in kurzen Nachrichten und Interaktionen entstand dann eine Art Kommunikation, die wie ein Blitz (Flash) aufleuchtete und dann wieder verschwand.

In den ersten anderthalb Jahren ihrer Zusammenarbeit, leisteten die Alliierten allerdings enorm viel, betont Kosta. Sie trugen zentral zum Aufbau des Landes dazu bei. Alexander Olenik, Doktorand an der Universität in Bonn, spricht von einem Verlust dieses Momentums ab dem Jahr 1946. Diepgen erinnert ebenfalls an eine „Veränderung im Selbstverständnis der Alliierten“ nach dem Aufbau der Strukturen. Die Bedeutung der Alliierten für Berlin wurde immer symbolischer, je mehr Zeit verstrich. Das hieß jedoch nicht, dass sie an Einfluss verloren. Im Gegenteil: Wie auch zuvor stand ein Hinterfragen der Alliierten niemals im Raum. Sogar in Bereichen wie Bauplanung hatten die Alliierten Rechte, die es ihnen erlaubten, über eine Verweigerung der deutschen Stadtverwaltungen hinwegzuschauen.

Symbolisch waren auch die Traditionen, die gepflegt werden mussten. So berichtet Eberhard Diepgen über seinen monatlichen Besuch bei den West-Alliierten. Er musste hingehen, um dort Bericht zu erstatten. Die Inhalte wären dabei ziemlich banal gewesen. Er hätte mit ihnen über alles diskutiert, was auch in den Zeitungen geschrieben stand. Diepgen ist klar, dass es sich dabei nur um etwas rein Symbolisches handeln kann – dennoch war dies dazu da, um ihre Macht offen demonstrieren zu können. Der ehemalige Bürgermeister bezeichnete dies als „Symbolik der obersten Gewalt“.

Im Kontrast zu dieser Anfangsphase steht das Ende und die Auflösung der Viermächteregierung durch die deutsche Wiedervereinigung. Um das Jahr 1991 haben sich die Machtverhältnisse auf den Kopf gestellt. Alexander Olenik von der Uni Bonn hebt die erstmalige Machtposition der Deutschen hervor. Im Gegensatz zu 1945, wo vieles aufgebaut und verflochten wurde, stand nach der Wiedervereinigung ein Abbau und eine Entflechtung bevor.

Für den Abzug der Alliierten war ein klarer Zeitraum von vier Jahren genannt worden. Dieser Frist waren sich die Alliierten auch sehr bewusst, beschreibt Bernd von Kosta vom Alliierten Museum die damalige Situation. Die Dokumentation dieser vier Jahre ist bei den drei Westmächten sehr unterschiedlich. Am besten und sorgfältigsten dokumentiert wurden die Zeugnisse der US-amerikanischen Besatzung. Auch von den Briten konnte vieles aus dieser Zeit überliefert werden. Einzig die Franzosen vollzogen eine sofortige und gründliche Räumung und nahmen alles mit, was sie fassen konnten. Olenik bestätigte diese Behauptung mit den Funden aus Archiven: Von französischer Seite sei es schwer, eine Rekonstruktion dieser vier Jahre vorzunehmen.