Autorius: Ilona Pfeffer Šaltinis: https://de.sputniknews.com/deu... 2020-05-14 11:03:00, skaitė 1850, komentavo 0
Da Niedersachsen neben Sachsen und Bayern das einzige Bundesland ohne Informationsfreiheitsgesetz ist, hatte sich der Antragsteller, der Journalist Arne Semsrott, auf das Umweltinformationsgesetz gestützt. Seine Argumentation war hierbei, dass sich das Coronavirus maßgeblich über die Luft verbreitet und somit einen Bezug zur Umwelt hat.
Zuvor hatte Semsrott das niedersächsische Justizministerium Mitte April um die Zusendung sämtlicher Erlasse gebeten, die es in Bezug auf den Umgang mit der Corona-Pandemie verfasst hatte. Auch in diesem Antrag hatte sich der Journalist schon auf das Umweltinformationsgesetz und das Verbraucherinformationsgesetz bezogen. Das Justizministerium hatte den Antrag drei Tage später abgelehnt. Es handle sich um innerdienstliche Vorgänge, die nur zum Gebrauch in der niedersächsischen Justiz bestimmt und im Übrigen keine Umweltinformationen seien. Nach einigem hin und her mit jeweiligen Begründungen der Positionen landete der Antrag beim Verwaltungsgericht Hannover, welches nun zugunsten von Semsrott entschied.
„Der Antragsteller macht geltend, er begehre die Zugänglichmachung für die aktuelle politische Diskussion und verweist zu Recht auf die Dynamik der Entwicklung der Pandemie und der öffentlichen Diskussion“, heißt es zur Urteilsbegründung.
Der Antragsteller müsse sich auch nicht auf die Pressemitteilungen und die Informationen auf der Webseite des Antragsgegners verweisen lassen und darauf vertrauen, dass diese vollständig und sachlich richtig seien, so das Verwaltungsgericht Hannover. Pressemitteilungen seien naturgemäß Zusammenfassungen und es liege auf der Hand, dass der Antragsteller ein Interesse daran habe, diese Informationen vollständig zu erhalten, um sie gegebenenfalls prüfen zu können. Diesem Interesse komme hohes Gewicht zu, weil es letztlich um verfassungsrechtliche Grundprinzipien gehe, die in Rede stehen würden.
„Die Corona-Pandemie ist für Staat und Gesellschaft eine der größten Herausforderungen der letzten Jahrzehnte. Das Handeln staatlicher Organe in dieser Krise – insbesondere der Exekutive – berührt grundlegende (rechts-)staatliche Prinzipien wie etwa die Gewaltenteilung und die Grundrechte, die zum Schutz von Menschen vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von durch Viren belasteter Luft (Aerosole) massiv eingeschränkt wurden und werden. In einer solchen Situation kommt der Frage nach der Funktionsfähigkeit der Justiz besondere Bedeutung zu.“
Hinzu komme, dass das Justizministerium nicht dargelegt habe, welche öffentlichen Interessen einer Auskunftserteilung entgegenstehen könnten. Für das Gericht seien solche nicht erkennbar. Das sei auch deshalb von Bedeutung, weil dem Antragsteller ein Anspruch auf Auskunftserteilung zustehe, der bei einer Ablehnung des Eilantrags im Wesentlichen vereitelt werden würde.
Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass Semsrott einen Anspruch auf Gewährung des Zugangs zu den begehrten Informationen hat, dies betreffe die Erlasse insgesamt.
Semsrott und seine Mitstreiter sehen darin eine „Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung“. Zum einen habe das Gericht damit festgestellt, dass Erlasse zur Corona-Krise Umweltinformationen sind und damit unter das Umweltinformationsgesetz fallen. Zum anderen habe es im Eilverfahren entschieden und damit klargestellt, dass Anfragen zu Corona eilbedürftig sind. Zudem könne vom Beschluss des Gerichts eine Signalwirkung für vergleichbare aktuelle Fälle ausgehen. So würden sich beispielsweise Betreiber von Asylunterkünften weigern, Informationen zu Corona-Maßnahmen herauszugeben.