ARD-Talk: Söder strahlt, Meuthen stottert – „Zweite Covid-Welle kommt 100-prozentig“

Autorius: Von Andrej Iwanowski Šaltinis: https://de.sputniknews.com/kom... 2020-05-21 20:29:00, skaitė 4448, komentavo 4

ARD-Talk: Söder strahlt, Meuthen stottert – „Zweite Covid-Welle kommt 100-prozentig“

Ist der Skandal um Andreas Kalbitz ein Symptom für Deutschlands Rückkehr zur „Normalität“? So kann es durchaus gesehen werden, denn erstmals seit vielen Wochen war der ARD-Polittalk „Maischberger. Die Woche“ nicht ausschließlich der Corona-Krise gewidmet. Meist wurde dennoch über das Virus gesprochen – und über eine neue „Fieber-Erkrankung“.

Die Rollenverteilung bei der Talkshow war dabei die für die bisherigen Corona-Talks übliche: Ein Mediziner behauptete, dass „zu früh und zu viel gelockert“ werde. „Das Virus ist keineswegs unter Kontrolle“, betonte Arzt und Wissenschaftsredakteur der „Süddeutschen Zeitung“ Werner Bartens. Die Wiedereröffnung von Schwimmbädern in mehreren Bundesländern machte ihn ganz perplex:

„Ich dachte, ich spinne! Das wird ein Chaos!“

Den Konterpart verkörperte in der Sendung, wie ebenfalls üblich, ein Politiker – nämlich Markus Söder, der den landesweiten Ruhm des effektivsten Corona-Bändigers genießt. Der aus Nürnberg zugeschaltete Ministerpräsident Bayerns wirkte (wie eigentlich immer) überaus souverän, redete eloquent und strahlte Optimismus aus – und das trotz seiner niederschmetternden Prognose, laut der „eine zweite Infektionswelle 100-prozentig kommen wird“. Die nun erreichte „Stabilität beim Infektionsgeschehen“ biete die Möglichkeit, nach dem Prinzip „So viel Freiheit wie möglich, so viel Sicherheit wie nötig“ zu handeln. Und die Schwimmbäder seien in Bayern übrigens immer noch zu, bemerkte Söder (was wohl ein Seitenhieb gegen seinen Amtskollegen und latenten Rivalen Armin Laschet zu verstehen war, der die Schwimmbäder in NRW hatte öffnen lassen).

„Das ‚Söder-Fieber‘ geht vorbei“

Auf die „Hygiene-Demos“ angesprochen, zu denen auch in Bayern mittlerweile Tausende kommen, verwies die Moderatorin Sandra Maischberger auf Söders Worte, der in diesem Zusammenhang eine Parallele zu Pegida gezogen hatte. Bayerns Regierungschef betonte zwar, dass es ein Fehler wäre, das Recht auf Demonstrationen einzuschränken. Eine Gefahr sehe er aber darin, dass gewisse Kräfte „vor allem von Rechtsaußen“ versuchen, politisches Kapital daraus zu schlagen. Seine Empfehlung deshalb, bei diesen Demonstrationen von diesen Kräften „nicht nur körperliche, sondern auch geistige Distanz zu halten“.

Skeptisch äußerte sich Söder auch hinsichtlich der geplanten Grenzöffnung zu den Nachbarländern im Hinblick auf den Sommerurlaub. Deutschland biete ausreichend Möglichkeiten für einen schönen Urlaub, meinte er (bemerkenswert dabei, dass Bayerns Ministerpräsident nicht für sein Bundesland, sondern schon im Namen der gesamten Bundesrepublik sprach).

„Wissen Sie, was ‚Söder-Fieber‘ ist, Herr Söder?“ fragte die Moderatorin und zitierte aus der „Süddeutschen“:

„Das ‚Söder-Fieber‘ hat schon 82 Millionen Menschen infiziert. Es zeigt sich durch plötzliche Ausbrüche von Begeisterung für die Arbeit des bayerischen Ministerpräsidenten.“

Geht das vorbei, wie jeder Infekt? „Natürlich geht es vorbei“, versicherte der Politiker mit gnädigem Schmunzeln. „Sehr bald werden wir sehr schnell in einer ganz normalen parlamentarischen Pluralität landen.“

Wie stark ist Meuthens Position?

Einen Hauch vom „normalen“ politischen Geschehen – nahezu frei von der Corona-Problematik – bekamen die Zuschauer in der Schlusssequenz des Polittalks zu spüren, als die Moderatorin den AfD-Chef Jörg Meuthen im Zusammenhang mit dem „Rauswurf“ des brandenburgischen AfD-Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz ziemlich heftig grillte. Bei der Begründung der Annullierung von Kalbitz‘ Parteimitgliedschaft wirkte Meuthen nämlich ziemlich unsicher – er stotterte, gestikulierte heftig, gebrauchte viel zu viele Wörter, was seinen Standpunkt nicht unbedingt überzeugend erscheinen ließ, und griff während des kurzen Interviews mehrmals zum Wasserglas. „In meiner Partei haben rechtsextreme Bezüge keinen Platz“, betonte er. Kann er aber so sicher sein, dass die AfD weiterhin „seine Partei“ bleibt? Immerhin hatte die Partei bereits ihre Chefs Bernd Lucke und Frauke Petry hinter sich gelassen. „In vereinzelten Fällen gibt es substantielle Bedrohungen“, räumte Meuthen ein. „Wenn man nicht aushalten kann, dann darf man diesen Job nicht machen.“

Gegen Ende des Gesprächs tauchte das Coronavirus dennoch auf. „Covid19 ist kein Thema, um daraus politischen Profit zu schlagen“, versicherte Meuthen und kritisierte seine Parteikollegen im Bundestag, die dies nach seiner Auffassung sehr wohl versuchen. Dass ein Spaltpilz in der AfD ziemlich tief drin sitzt, ließ der neueste Konflikt dennoch sehr wohl vor Augen führen.