Autorius: Kristin von Appen Šaltinis: https://www.compact-online.de/... 2020-06-28 15:52:00, skaitė 972, komentavo 0
Die Bundesregierung hält an ihrer Warnung vor einer Reise in die Türkei fest – diese droht infizierten Urlaubern mit Unterbringung im Krankenhaus und einer Zwangsmedikation mit dem umstrittenen Mittel Chloroquin, das zu Herzrhythmusstörungen und Todesfällen führt.
Nach einem Bericht des Spiegels müssen sich deutsche Urlauber, die sich bei einem Besuch oder Urlaub in der Türkei mit dem Corona-Virus infizieren, einer Zwangsbehandlung mit Hydroxychloroquin – einem Arzneistoff zur Therapie rheumatoider Arthritis sowie zur Behandlung von und Vorbeugung vor Malaria – unterwerfen. Diese Ankündigung soll neben der nach wie vor hohen Infektionsrate in der Türkei mit ein Grund dafür sein, warum das Auswärtige Amt seine Reisewarnung für deutsche Urlauber bis zum 31. August aufrecht hält – es sei denn, Ankara zieht diese Vorschrift zurück.
Das Malaria-Medikament Chloroquin, noch Anfang des Jahres als Hoffnungsträger gegen Covid-19 gefeiert und vom Bayer-Konzern millionenfach an Regierungen gespendet, ist in Deutschland nicht zur Corona-Therapie zugelassen. Wirkung und Risiken sind unklar, bisherige Untersuchungen brachten keinen gesicherten Hinweis, dass eine Besserung der Symptome eintritt oder sich die Erkrankungsdauer verkürzt. Im vergangenen Jahr bereits hatte Bayer die Produktion eingestellt, doch dann kam Corona, und der Konzern erhoffte sich nicht nur einen Gewinn an Image…
Noch Anfang Februar behauptete der französische Mikrobiologe Didier Raoult (68), dank Chloroquin könne Corona „eine der am simpelsten und billigsten zu behandelnden Krankheiten“ werden. Auf YouTube pries er das Mittel wie eine Wunderwaffe; seine Filmchen wurden millionenfach angeklickt. Doch Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, bezeichnete nach einem Bericht der ARD Raoults Studie als „katastrophal“ und „ohne Aussagekraft“, doch gemeinsam mit angeblichen Erfolgsmeldungen aus China habe sie „diesen Hype um Choloroquin letztlich ausgelöst“.
Bayer sah sich mit seinem mehr als 80 Jahre alten Malaria-Prophylaxe-Medikament bereits auf der Überholspur als Heilsbringer, feierte sich Anfang April auf der Social-Media-Plattform Weibo für seine Spende von 300.000 Tabletten an die Chinesen und auf Facebook für ein Geschenk von acht Millionen Tabletten Chloroquin an die deutsche Bundesregierung gleich selbst: „Bayer hilft wieder einmal im Kampf gegen die neue Coronavirus-Epidemie, indem es mit großer Geschwindigkeit internationale Hilfe mit Medikamenten leistet.“
Was der Kardiologe Thomas Meinertz, ehemals Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung, kritisierte: „Das ist kein guter Stil. Wenn man ein Medikament hat, dann ist man als Hersteller eigentlich verpflichtet zu prüfen, ob es in dieser Indikation wirksam ist oder nicht. Es waren ja genügend Patienten mit dieser Erkrankung vorhanden, um das systematisch zu untersuchen.“ Denn zeitgleich häuften sich Negativ-Schlagzeilen aufgrund von diversen Studien, die zeigten, dass Hydroxychloroquin eher schade als nutze, die Todesrate erhöhe – und Bayer schweigt seither.
Am 22. April warnte auch die US-amerikanische US-Pharmaaufsichtsbehörde FDA vor schweren Herzrhythmusstörungen; Mitte Mai alarmierte Fox News gar: „Das Medikament wird Sie töten.“ Daraufhin entzog die FDA dem Mittel die Notfall-Genehmigung für die Behandlung von Covid-19-Patienten. Am 22. Mai veröffentlichten Forscher aus den USA und der Schweiz um Mandeep Mehra von der Harvard Medical School ihre Studie in The Lancet, einer der ältesten und renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften der Welt. Derzufolge hatten sie Daten von rund 96.000 Patienten ausgewertet und waren zu negativen Ergebnissen hinsichtlich Chloroquin und Hydroxychloroquin gekommen. (Weiterlesen nach unserer Empfehlung)
Auch in Brasilien wurde eine Studie wegen der erhöhten Zahl an Todesfällen nach Vergabe dieses Medikamentes abgebrochen. Dennoch hält ihm Staatschef Jair Bolsonaro die Treue, erhebt es sogar in einer Leitlinie für Ärzte zum Standard-Medikament. Und die Türkei scheint es als Druckmittel gegen deutsche Urlauber einsetzen zu wollen, da Berlin nicht vor Ankara klein bei- und Entwarnung gibt. Immerhin leidet das Land massiv unter der sogenannten Corona-Pandemie: Im Mai kamen 99,26 Prozent weniger Deutsche als im Vorjahreszeitraum – ein Desaster für Ankara, denn der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in der Türkei. Noch im vergangenen Jahr zählte der Erdogan-Staat am Bosporus offiziellen Angaben zufolge für mehr als fünf Millionen Deutsche zu einem der Ferien-Hotspots. Zwangsmedikation und Zwangsunterbringung im Spital sind sicher die perfekten Maßnahmen, die Liebe der Deutschen für die Türkei zurückzugewinnen…