Lösung der Ukraine-Krise: Friedliche Trennung ohne fremde Machtinteressen

Autorius: Peter Haisenko Šaltinis: https://www.anonymousnews.org/... 2022-03-25 19:02:00, skaitė 691, komentavo 0

Lösung der Ukraine-Krise: Friedliche Trennung ohne fremde Machtinteressen

Verhandlungspartner: Wolodymyr Selenskyj, Sergej Lawrow und Wladimir Putin

Bei der Neueinteilung Osteuropas wurde im Versailler Vertrag auf ethnisch gewachsene Strukturen keine Rücksicht genommen. So folgten in den Jahren bis 1939 in den neugeschaffenen Staaten ethnische Säuberungen, die mit Mord, Folter, Unterdrückung und Vertreibungen einhergingen. Für die willkürlich zusammengeschusterte Tschechoslowakei hat man 1992 eine friedliche Lösung gefunden, die Bestand hat. Warum sollte das für das Kunstgebilde Ukraine nicht möglich sein?

von Peter Haisenko

Das von den Briten geschaffene Kunstgebilde Tschechoslowakei bestand im Wesentlichen aus vier Teilen: Böhmen, Mähren-Schlesien, Slowakei und Karpatenrussland. Karpatenrussland, ganz im Osten gelegen, wurde nach Ende des Zweiten Weltkriegs von Stalin abgetrennt, annektiert und der Ukrainischen Sowjetrepublik zugeschlagen. Dieses Gebiet gehört jetzt zur Ukraine ebenso, wie die ehemals zum K&K-Reich gehörigen Teile um Lemberg – Wolhynien, Galizien, Bukowina. In diesen stark mit Polen durchmischten Gegenden haben ukrainische Nationalisten 1944 Massaker an Polen verübt, denen nach Schätzungen mehr als 40.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Dies war eine Reaktion auf die ethnischen Säuberungen und Unterdrückungen durch Polen bis 1939.

Die Tschechoslowakei, der unmögliche Vielvölkerstaat

Zurück zur Tschechoslowakei. Wie die Karte zeigt, befanden sich hier 1918 sechs sprachlich-ethnisch abgegrenzte Bereiche. Es wurde vorwiegend Deutsch, Tschechisch, Slowakisch, Polnisch, Ukrainisch und Ungarisch gesprochen. Die Sprachgrenzen verliefen einigermaßen scharf abgegrenzt, jedoch wurde in den Randgebieten selbstverständlich die Sprache des Nachbarn beherrscht. Mit der Abtrennung von Karpatenrussland 1945 verschwand der ukrainische Sprachanteil nahezu vollständig. Ab 1945 sind die Deutschstämmigen vertrieben worden und mit ihnen weitgehend die deutsche Sprache. Bei diesem Vorgang zeigte sich allerdings deutlich, wie sehr sich Tschechen und Slowaken unterscheiden. Während sich Tschechen durch besondere Grausamkeit und Verbrechen gegenüber Deutschstämmigen hervorgetan haben, handelten Slowaken anständig. Sie stellten die Deutschstämmigen vor die Wahl, die (tschecho-)slowakische Staatsangehörigkeit zu wählen, oder geordnet auszureisen.

Nach dem Ende des Kommunismus zeichnete sich bald ab, dass der föderative Staat Tschechoslowakei auf Dauer keinen Bestand mehr haben würde. Zu den ersten Zerwürfnissen kam es während des sogenannten „Gedankenstrich-Krieges“ um die Landesbezeichnung. Von April 1990 bis Ende 1992 hieß das Land Die Tschechische und Slowakische Föderative Republik (ČSFR; vereinzelt auch als Tschechoslowakische Bundesrepublik bezeichnet) mit den Kurzformen Tschechoslowakei in Tschechien beziehungsweise Tschecho-Slowakei in der Slowakei. Aufkommende Interessenskonflikte zwischen den beiden Landesteilen führten 1992 zum Ende der Tschechoslowakei.

Friedliche Trennung ohne fremde Machtinteressen

Ohne Referendum wurde vom Parlament die Auflösung der Föderation zum 31. Dezember 1992 und damit die Bildung der beiden neuen Staaten Tschechien und Slowakei zum 1. Januar 1993 beschlossen. Damit waren die Konflikte zwischen Tschechen und Slowaken beendet, obwohl die Slowaken sehr wohl Grund für Ressentiments gehabt hätten. Die Prager Regierung hatte den Rüstungs- und Fahrzeugkonzern Tatra vor der Teilung aufgelöst, der in der Slowakei ein wichtiger industrieller Faktor gewesen ist. Alles verlief geräuschlos, und niemand hat an der Zerschlagung des Kunstgebildes der Briten Anstoß genommen. Ein Musterbeispiel dafür, wie ethnische Konflikte friedlich gelöst werden können, bevor es zum Bürgerkrieg kommen muss. Allerdings wird an diesem Beispiel auch sichtbar, dass das nur funktionieren kann, solange eine Einmischung von außerhalb unterbleibt, die von (welt-)machtpolitischen Interessen bestimmt ist. Weiterhin wird sichtbar, dass Konflikte dadurch entstanden sind, dass Großbritannien Grenzen willkürlich neu bestimmt hat. Ich erinnere an dieser Stelle an Zypern, den Nahen Osten, Kaschmir, Pakistan-Indien und ja, letztlich der gesamte europäische Osten vor 1939.

Die Staatsgrenzen der Ukraine sind nicht historisch gewachsen

Kommen wir zur Ukraine: Dieses Land existiert als souveräner Staat in den aktuellen Grenzen seit nicht einmal 25 Jahren. Dennoch stellt der Westen diese Grenzziehungen geradezu als heilig und definitiv unveränderlich dar. Was für ein Unsinn! Ähnlich wie die Tschechoslowakei, ist die Ukraine ethnisch aufgeteilt in einen Ost- und einen Westteil, die allerdings weniger gemeinsam haben, als Tschechen und Slowaken. Deren Sprachen sind sich näher als das Russische und das Ukrainische. Es gibt ein deutliches Wirtschaftsgefälle von Ost nach West. Im eher russischstämmigen Ostteil ist das Durchschnittseinkommen bis zu dreimal höher als in den westlichen Provinzen (siehe Karte). Man vergleiche hier die Zerschlagung Jugoslawiens, die im wirtschaftlich dominanten Norden ihren Anfang genommen hat. Ähnlich Jugoslawiens sind in der Ukraine die ethnischen und wirtschaftlichen Konflikte nur deswegen 60 Jahre lang nicht virulent geworden, weil die harte Knute des Sowjetkommunismus dies verhindert hat.

Auch die wenigen Wahlen, die bislang in der Ukraine stattgefunden haben, zeigen eine unübersehbare Spaltung des Landes in Ost und West (siehe Karte). Diese Karte zeigt auch, dass die Krim einen Sonderfall darstellt, und nur bedingt auf den restlichen Osten der Ukraine übertragbar ist. Die eindeutige Mehrheit Russischstämmiger auf der Krim findet sich im übrigen Osten nicht so deutlich. Weiterhin unterscheidet sich der Osten vom Westen durch die Religion. Russisch-Orthodox und Griechisch-Orthodox.

Weite Teile der Westukraine sind der Ukraine erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zugeschlagen worden. Einst Teile der Österreichischen K&K-Monarchie, danach gehörten sie über Jahrzehnte zur Tschechoslowakei und Polen. Nicht zu vergessen, große deutsche Minderheiten und eine Vielzahl von Juden, die jedoch überwiegend das Land verlassen haben. Das Jiddische hatte dort seine Heimat. Genau genommen, gab es in der Geschichte bis 1991 keinen souveränen ukrainischen Staat, der völkerrechtlich als solcher betrachtet werden könnte. Schon gar nicht in den heutigen Grenzen.

Parlamentarier prügeln sich

Betrachtet man all diese Fakten, drängt sich die Frage auf, welcher Anenzephale aus diesem Pulverfass einen einzigen Staat gemacht hat. So, wie sich im Zweiten Weltkrieg in der Westukraine (!) Partisanen gegenseitig bekämpft haben – ukrainische Nationalisten, Polen, Moskali und Reste der Roten Armee – prügeln sich heute dieselben Fraktionen im Kiewer Parlament. Unversöhnlich. Nebenbei sei hier angemerkt, dass die Partisanen 1944 die Deutsche Wehrmacht nicht angegriffen haben, weil diese als Befreier vom Sowjetkommunismus gesehen worden ist. (Siehe Buchauszug unten).

Welchen Sinn kann es also haben, jetzt die nächste Präsidentenwahl abzuhalten? So wie die Dinge sich inzwischen entwickelt haben, sind wirklich freie und gleiche Wahlen, an denen sich alle wahlberechtigten Bürger der Ukraine beteiligen, sowieso nicht mehr möglich. Eine schiere Illusion! Abgesehen davon: Es kann und wird keinen Präsident geben, der alle Ukrainer vertritt und hinter sich weiß. Janukowitsch war so gesehen ein echter Sonder- und Glücksfall, denn er ist halber Pole, sozusagen neutral. Aber auch ihm ist es nicht gelungen, Einigkeit herzustellen. Dass die Korruption, die er und seine Führungsclique an den Tag gelegt haben, dem Einigungsprozess des Landes auch nicht wirklich dienlich war, sei hier nur am Rande erwähnt. Aber auch die „Maidan-Regierung“ ist durchsetzt mit Oligarchen und lässt wenig Hoffnung aufkommen, dass sie ernsthaft Korruption bekämpfen will.

Zwei große Flächenstaaten

Die Ukraine ist ein Flächenstaat, deutlich größer als die Bundesrepublik Deutschland. Allerdings hat das mit 603.700 qkm flächenmäßig größte Land Europas nur 45 Millionen Einwohner. Was die Wirtschaft angeht, hat die Ukraine seit Auflösung der Sowjetunion nur abgebaut. Bis heute ist die Wirtschaftsleistung zu Zeiten als Sowjetrepublik nicht wieder erreicht worden. Allein dieser Fakt macht deutlich, dass dieses Land in dieser politischen Konfiguration nicht entwicklungsfähig ist. Die Armut allein ist bereits ein destabilisierender Faktor. Hinzu kommt das Ost-West-Gefälle. Die Ukraine in ihrer heutigen Form wird nicht befriedet werden können.

Es gibt nur eine Lösung. Die Ukraine muss aufgeteilt werden in zwei eigenständige Staaten, nach dem Vorbild der Tschechoslowakei. Eine mögliche Grenzziehung ergibt sich aus der Karte weiter oben, die die faktische politische Aufteilung des Landes demonstriert. Weil die ethnische Trennung in der Ukraine nicht so eindeutig ausfällt wie in der Tschechoslowakei, müssen die Bürger selbst in einem Referendum darüber entscheiden, ob sie ihren Wohnort, ihre Heimat lieber in einer Ost- oder Westukraine sehen. Entlang der Linie, wo die Grenze der Mehrheiten verläuft, sollte die Teilung der Ukraine vollzogen werden. Selbstverständlich kann anschließend jeder einzelne für sich entscheiden, ob er in den jeweils anderen Teil der Ukraine wandern will. So, wie es in jedem freien Land möglich ist.

Für und Wider

Was spricht dafür? Es würden zwei Staaten entstehen, die sowohl flächenmäßig als auch von der Bevölkerungsanzahl die meisten Staaten der EU übertreffen werden. Der Westteil kann sich der geliebten NATO anschließen und der Ostteil bildet den Puffer zu Russland, auf den Putin nicht verzichten kann und will. Besser allerdings wäre es, beide Teile würden sich der Neutralität verschreiben. Sie könnten als Freihandelszonen friedlich und prosperierend zusammenarbeiten, gleichsam als Makler zwischen Ost und West, durch den die Warenströme geleitet werden, wie es bereits mit dem Gas aus Russland praktiziert wird. Wie positiv sich Neutralität auf Dauer auswirkt, kann (nicht nur) am Beispiel Schweiz oder Österreich betrachtet werden.

Was spricht dagegen? Da fällt mir nur eines ein. Die Ukraine wäre dann ein leuchtendes Beispiel dafür, wie man Frieden schaffen kann, indem der Volkswillen respektiert wird, und die Dogmen unveränderlicher Grenzen endlich im Müll der Geschichte entsorgt werden. Grenzen, die weder geomorphologisch, noch ethnisch logisch sind, sondern mehr oder weniger willkürlich aus machtpolitischen Interessen hergestellt wurden. Die friedliche Aufteilung der Ukraine würde einen Präzedenzfall schaffen, der den Machtpolitikern natürlich nicht behagt. Aber ist es nicht gerade in Zeiten der Globalisierung eher unerheblich, welchem Staats- oder Machtgebilde eine Wirtschaftszone zugeordnet ist? Der wichtigste Faktor ist und bleibt Frieden. Nur im Frieden kann stabile wirtschaftliche Prosperität wachsen.

Wer also wirklich und ehrlich eine positive Entwicklung für alle Menschen in der Ukraine wünscht, muss sich für eine friedliche Aufteilung der Ukraine einsetzen. Da kann die UNO einmal zeigen, dass sie wirklich dem Wohl der Menschen dienen will. Es ist an der Zeit, die vom British Empire geschaffene Weltordnung auf den Prüfstand zu stellen und die Menschen in der Ukraine (und nicht nur dort) zu fragen, was sie wirklich wollen.