Autorius: Bolle Selke Šaltinis: https://de.sputniknews.com/pol... 2020-03-07 13:56:00, skaitė 733, komentavo 0
Der politische Ausdruck „Wag the Dog“ (mit dem Hund wedeln) wird verwendet, um darauf hinzuweisen, dass die Aufmerksamkeit absichtlich von etwas von größerer Bedeutung auf etwas von geringerer Bedeutung gelenkt wird. Der Begriff stammt aus den 1870ern, wurde aber erst durch das Buch „American Hero“ von Larry Beinhart bekannt, später als „Wag the Dog“ wiederveröffentlicht und unter diesem Namen auch verfilmt.
Das Buch handelt von Menschen, die militärische Gewalt und militärische Ereignisse für innenpolitische Zwecke einsetzen, erzählt der Autor und Journalist Larry Beinhart im Sputnik-Interview. Das „Wall Street Journal“ bezeichnete „American Hero“ als eines der fünf besten Bücher über Public Relations. Die Zeitungen „Christian Science Monitor“ und „Men’s Journal“ nannten es einen der fünf wichtigsten politischen Romane der letzten Zeit.
Kriege für den innenpolitischen Gebrauch zu führen sei in modernen demokratischen Zeiten sicherlich Normalität sagt Beinhart. Er erklärt:
„Im 17. und 18. Jahrhundert hatten sie Paraden als öffentliche Veranstaltungen, bei denen Fahnen und Zeichen des Sieges geschwenkt wurden, und in römischer Zeit führten sie Gefangene des eroberten Volkes vor. Um einen Krieg zu führen, braucht man die Begeisterung der Bevölkerung. Die Kehrseite davon ist: Ein politischer Führer, der heutzutage innenpolitische Probleme hat, kann einen Krieg inszenieren, führen oder so gestalten, dass er heutzutage im Fernsehen gut funktioniert, und so innenpolitische Probleme überwinden.“
Als er das Buch schrieb wollte er Manipulationsebenen aufdecken und den Menschen bewusster machen, wie sie durch das Zeigen von Spektakeln im Fernsehen manipuliert würden. Im Nachhinein aber resümiert Beinhart resignativ:
„Wenn es eine Auswirkung auf irgendjemanden hatte, dann tatsächlich auf Politiker, die gesagt haben: ‚Moment mal; Wir können mit noch mehr Fabrikation und Täuschung davonkommen – mit noch mehr Lügen‘.“
Das Buch selbst wurde über den ersten Golfkrieg geschrieben, laut dem Autor im Nachhinein ein äußerst gut geführter, sogar ein gesetzestreuer Krieg. Dann aber sei der zweite Golfkrieg gekommen, wo auf allen Ebenen gelogen und getäuscht wurde: sein Beginn, sein sogenannter Sieg und die Art und Weise, wie er durchgeführt wurde. Aber die Katastrophe dieses Krieges hatte politische Konsequenzen für alle, die ihn unterstützten, so Beinhart: „Es schien also, dass Lügen und Täuschung tatsächlich wieder Konsequenzen haben werden. Dann kommt Donald Trump, wo wir plötzlich den absoluten Triumph des Reality-TV haben.“
Anstatt dass man reale Ereignisse so formen und gestalten müsse, dass sie im Fernsehen wie ansprechende Propaganda erscheinen, könne man jetzt sogar ansprechende Propaganda aus dem Nichts schaffen: „Sprich es aus. Schrei es. Stell dir vor, es sei echt und plötzlich ist es so, als ob es echt wäre. Das sind die politischen Hinterlassenschaften des Buches, wenn sie mich fragen“, lautet die harte Analyse von Beinhart, der seit 2016 als Kolumnist für „ Al Jazeera“ tätig ist.
George Bush Senior wurde von Lee Atwater beraten, einen exzellenten Strategen und Machtmenschen, der bekannt für seine besonders aggressiven Wahlkampfstrategien war, beispielsweise das gezielte Streuen rufschädigender Gerüchte, oftmals rassistisch fundiert. An seinem Sterbebett beginnt der Roman „American Hero.“
„Es gibt einen direkten Draht von der Lee-Atwater-Politik bis zu Trump“, so Beinhart „Ich denke, es gab Zwischenperioden, in denen sie verschwand, aber Lee triumphierte mit Politikern, die mit offensichtlichem Rassismus kandidierten und so taten, als würden sie es nicht tun. Ja, Trump ist ein perfekter Lee-Atwater-Kandidat.“
Trotzdem schätzt er die Wahrscheinlichkeit, dass Trump einen Krieg anfangen würde um seine Wiederwahl zu sichern, als klein ein. Im Moment würden sich die USA aus Kriegen sogar zurückziehen: aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Beinhart denkt, auf dieser Ebene habe sich etwas geändert: „Es hat sich gezeigt, dass diese Kriege im Nahen Osten, die zehn, zwanzig Jahre lang andauerten und deren Ende nicht abzusehen war, langwierig und langweilig geworden sind und das amerikanische Publikum und die amerikanischen Wähler nicht mehr ansprechen.“
Auch einen Krieg mit Iran sieht er nicht: „Bisher besteht das Muster von Trump darin, laut zu sprechen und einen kleinen Stock zu tragen.“
Für einen Autor politischer Romane sei Trump eine Katastrophe, sagt Beinhart unter Gelächter. Die postfaktische Politik, welche George W. Bush nach 9/11 betrieb, sei mittlerweile bis zur Lächerlichkeit weitergetrieben worden. Unter Trump gebe es nichts zu satirisieren, alles sei bereits offensichtlich.
Auch George H.W. Bush, dessen Sohn George W. Bush und Hillary Clinton hätten gelogen, dies aber hinter der politisch konventionellen Sprache versteckt. Dies sei für das Establishment durchaus akzeptabel gewesen. Auch Trump lüge, dies aber in aller Öffentlichkeit. Beinhart fügt wenig schmeichelhaft hinzu:
„Oh, er lügt, in Ordnung, er lügt wieder, in Ordnung. Er ist grotesk, fett und hässlich, okay.“
In „American Hero“ öffnete Beinhart den Vorhang, der die Lügen verdeckte, mithilfe satirischer Mittel. Jetzt aber habe man das, was hinter dem Vorhang war, offen im Raum. Was Fiktion und Satire gewesen wäre, seien jetzt die Nachrichten.
Das sei auch einer der Gründe für die Begeisterung für Trump: Die Eliten, die in ihrer offiziell konventionellen Sprache gelogen hätten – über die Wirtschaft, über die Nahostkriege, über die Massenvernichtungswaffen und noch weiteres. Der Autor sagt:
„Die Leute wussten, dass sie lügen und waren frustriert. Als sie die Wahl zwischen der Lügnerin des Establishments, Hillary Clinton, und dem offensichtlichen Lügner hatten, sagte das Bauchgefühl: ‚Oh ja, lass uns den Kerl nehmen, der offensichtlich lügt, zumindest können wir diese Lügen erkennen. Wir wissen, dass es falsch ist, aber wir wissen, dass es niemals als falsch entlarvt wird‘.“
Das Buch „American Hero“ von Larry Beinhart wurde im Westend Verlag veröffentlicht.
Das Interview mit Larry Beinhart zum Nachhören: