Kommt die Hyperinflation? Experten prognostizieren Preisexplosion nach Corona
Autorius: Torsten Groß
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2021-03-23 19:08:00, skaitė 995, komentavo 0
Experten warnen vor Hyperinflation: Ist unser Geld bald nichts mehr wert?
Können wir mit unserem Geld bald nur noch die Wände tapezieren? Experten halten eine Hyperinflation nach Corona für sehr wahrscheinlich. Die Waren und Dienstleistungsmärkte sind aktuell geschlossen. Gleichzeitig werden über die Notenbanken Billionen in die Bankenwelt und in die Wirtschaft gepumpt. Irgendwann kommt der große Knall, spätestens dann wenn der Lockdown endet und die Wirtschaft wieder geöffnet wird. Dann sind die Regale leer und unglaublich viel frisches Geld trifft auf ganz wenig Waren und Dienstleistungen. Das ist die Grunddefinition einer Hyperinflation.
von Torsten Groß
Jahrelang galt die Inflation in Deutschland als praktisch nicht mehr existent. Der Anstieg der Verbraucherpreise bewegt sich seit 2013 unter der Zielmarke von zwei Prozent, die von der EZB gesetzt worden ist, um bei einem Überschreiten mit geldpolitischen Maßnahmen und insbesondere Zinserhöhungen dem Preisauftrieb entgegenzuwirken. Im letzten Monat des verganenen Jahres sank die Inflationsrate sogar auf minus 0,3 Prozent. Die Preise stiegen also nicht, sondern gingen zurück, jedenfalls gemessen an den amtlichen Daten. Doch 2021 könnte sich die Richtung umkehren. Einige Experten erwarten, dass die Teuerung in der zweiten Jahreshälfte auf über drei Prozent zulegen wird.
Derartige Steigerungsraten gab es zuletzt vor der Finanzkrise im Jahre 2008. Erste Anzeichen dieser Entwicklung zeigen sich im kurzfristigen Bild: Seit Jahresbeginn ist die Inflation deutlich angezogen und erreichte im Februar 1,3 Prozent, eine Vervielfachung gegenüber dem Tiefstand im Dezember. Für die Annahme, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Monaten fortsetzen wird, sprechen nach Ansicht von Marktbeobachtern diverse Gründe:
- Der Aufschwung der Weltkonjunktur nach dem Ende der Corona-Pandemie. Die WHO geht aktuell davon aus, dass die Seuche wegen der laufenden Impfkampagnen in spätestens 10 Monaten überwunden sein wird. Es wird mit einer deutlichen Zunahme der Verbrauchernachfrage im Vergleich zum Rezessionsjahr 2020 gerechnet, wenn die Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche sukzessive aufgehoben werden und die Menschen auch als Konsumenten wieder frei agieren können. Vor allem in den Industriestaaten soll es deshalb zu einem deutlichen Konjunkturaufschwung kommen. Für die USA wird ein BIP-Anstieg von 6,5 Prozent prognostiziert, China werden sogar 8,5 Prozent zugetraut. Eine Expansion der Wirtschaft führt naturgemäß zu steigenden Preisen für Rohstoffe, die für die Güterproduktion benötigt werden. Diese Entwicklung zeichnet sich bereits jetzt ab. In den letzten Monaten sind die Kurse für wichtige Industrierohstoffe wie Aluminium, Eisenerz und Kupfer an den Börsen kräftig nach oben gegangen. Hinzu kommen steigende Transportkosten infolge fehlender Kapazitäten, etwa an Schiffscontainern. Die Unternehmen geben diese Mehrkosten zumindest teilweise an die Käufer ihrer Produkte weiter, was schließlich auch auf die Verbraucherpreise durchschlagen wird, so die Annahme.
- Einzelhändler, Dienstleister und Gastronomiebetriebe, die ihre Pforten im Corona-Lockdown schließen mussten und deshalb erhebliche Umsatzverluste zu verkraften haben, könnten nach dem Ende der Pandemie versuchen, die erlittenen Einbußen durch eine Anhebung ihrer Preise zumindest teilweise wettzumachen. Bei Friseuren wurde diese Strategie bereits nach dem ersten Lockdown gefahren, hier stiegen die Preise im September laut Statistischem Bundesamt um 6,3 Prozent. Diese Entwicklung könnte sich jetzt, da die Coiffeure nach Wochen des erzwungenen Stillstands am 1. März wieder öffnen durften und einen enormen Kundenandrang zu bewältigen haben, wiederholen. Es ist damit zu rechnen, dass andere Corona-Verlierer wie Restaurants, Hotels und Autovermieter diesem Beispiel folgen. Die von vielen Beobachtern hierzulande erwartete Pleitewelle nach Corona dürfte den Preisanstieg zusätzlich befeuern. Denn weniger Anbieter bedeuteten weniger Wettbewerb, was Produkte und Dienstleistungen zu Lasten der Konsumenten verteuert.
- Nach Berechnungen des Instituts für Wirtschaftsforschung (IfW) haben die Deutschen in den beiden Coronajahren schätzungsweise 200 Milliarden Euro gespart, weil sie wegen Lockdown und Kontaktbeschränkungen viele Dienstleistungen wie Urlaubsreisen, Restaurantbesuche und Kulturveranstaltungen nicht in Anspruch nehmen konnten oder wollten. Dieser Betrag, der über zehn Prozent der jährlichen Verbraucherausgaben repräsentiert, dürfte nun zu einem Teil in den Konsum fließen und ebenfalls einen preistreibenden Effekt entfalten.
- Nach Angaben der Unternehmensberatung EY wollen 64 Prozent der Städte und Gemeinden in Deutschland Steuern und Abgaben erhöhen, um ihre klammen Kassen zu füllen. Denn die Kommunen hatten in der Corona-Krise nicht nur unerwartete Ausgaben zu stemmen, sondern mussten wegen des Stillstands weiter Teile der lokalen Wirtschaft auch erhebliche Einnahmeausfälle bei der Gewerbe- und Einkommensteuer hinnehmen. Die Bemühungen der Kommunen, ihre maroden Haushalte zu sanieren, haben durch die Pandemie einen herben Rückschlag erlitten. In den nächsten drei Jahren rechnet jede dritte von ihnen mit einem weiteren Anstieg der Schulden. Deshalb werden die Stadtkämmerer jetzt verstärkt in die Taschen der Bürger greifen.
- Die Mehrwertsteuer, die Mitte des vergangenen Jahres von 19 auf 16 Prozent gesenkt worden war, um die Wirtschaft anzukurbeln, ist zum 1. Januar 2021 wieder auf das alte Niveau angehoben worden. Der daraus resultierende »statische Effekt« wird sich ab der zweiten Jahreshälfte in einer steigenden Inflationsrate bemerkbar machen, weil der Vergleichsmaßstab dann die infolge der Mehrwertsteuerreduzierung verringerten Waren- und Dienstleistungspreise des Vorjahres sein wird. Preistreibend werden auch die im Januar eingeführte CO2-Steuer sowie die rasant steigenden Stromkosten als Folge der »Energiewende« wirken.
- Durch die Politik der Zentralbanken, die eine Flut von Dollar und Euro quasi aus dem Nichts geschaffen haben – allein im vergangenen Jahr sollen es 20 Billionen US-Dollar gewesen sein – ist die Geldmenge massiv erhöht worden. Bislang hat diese Liquidität nur auf den weltweiten Finanz- und Immobilienmärkten für deutliche Preissteigerungen gesorgt (was erklärt, warum die Vermögenden in den letzten Jahren noch reicher geworden sind). Doch das könnte sich ändern, wenn die Regierungen dazu übergehen, »Helikoptergeld« direkt an die Verbraucher zu verteilen, um den Konsum und damit die Konjunktur anzukurbeln, wie das in den USA bereits geschieht. Dann könnte es auch in der Realwirtschaft zu einem starken Inflationsschub kommen, so die Meinung vieler Beobachter.
Doch weil Prognosen bekanntlich in die Zukunft gerichtet sind, ist auch die These, dass die Verbraucherpreise schon bald deutlich steigen werden – manche Analysten malen gar das Schreckensszenario einer Hyperinflation an die Wand – mit diversen Unsicherheiten behaftet.
Wie viel Geld haben die Bürger in der Pandemie tatsächlich auf die hohe Kante gelegt? Teile des stationären Handels blieben schließlich auch im Lockdown geöffnet, um Güter des täglichen Bedarfs und mehr einkaufen zu können. Viele darüber hinausgehende Konsumwünsche konnte man durch Bestellungen im Internet befriedigen, denn Online-Anbieter waren keinen Restriktionen unterworfen.
Werden Verbraucher, die im Zuge der erwarteten Pleitewelle nach dem Lockdown ihren Arbeitsplatz oder ihre unternehmerische Existenz verlieren oder das zumindest befürchten, wirklich in einen Nach-Corona-Kaufrausch verfallen? Oder werden sie ihr Geld aus Angst vor der Zukunft nicht doch lieber zusammenhalten, also sparen?
Können die Warenproduzenten gestiegene Herstellungskosten so einfach auf die Konsumenten abwälzen oder provozieren sie dadurch Kaufzurückhaltung und damit ein Wegbrechen ihrer Umsätze? Und wie werden die Notenbanken reagieren, sollten die Preise tatsächlich in die Höhe schnellen? Erst wenn es Antworten auf diese Fragen gibt, lässt sich das künftige Inflationsgeschehen seriös einschätzen. Das sollten auch Kapitalanleger bei ihren finanziellen Dispositionen berücksichtigen.