Autorius: Jerome Wnuk Šaltinis: https://www.anonymousnews.org/... 2024-02-03 02:27:00, skaitė 1028, komentavo 0
Großbritannien: Windkraftanlagenbetreiber betrogen Steuerzahler mit manipulierten Prognosen
von Jerome Wnuk
Eine Recherche des amerikanischen Magazins Bloomberg offenbart eine Masche der Windkraftindustrie in Großbritannien. Dutzende britische Windparks, die von einigen der größten Energieunternehmen Europas betrieben werden, haben routinemäßig ihre Stromproduktion mehr oder weniger bewusst überschätzt, um Ausgleichszahlungen für nicht-eingespeisten Strom in die Höhe zu treiben.
Laut Marktaufzeichnungen, die Bloomberg ausgewertet hat, hat das die Stromrechnungen der Verbraucher um 50 Millionen Pfund pro Jahr erhöht. Die zuständige Behörde in Großbritannien hat bezüglich der Enthüllungen nun eine Untersuchung gestartet.
Aber von vorne. Im Allgemeinen hat Großbritannien ein ähnliches Problem wie Deutschland, was die sogenannten „Redispatch-Kosten“ betrifft. „Redispatch-Kosten“ sind die Gelder, die der Stromnetzbetreiber für sogenannten „Phantom-Strom“ zahlen müssen, also Strom, den die Windanlagen zwar produzieren, aber welcher nie in das Stromnetz eingespeist wird.
Das kommt vor, wenn in einem Moment so viel Wind weht, dass die Windkraftanlagen so viel Strom erzeugen, dass wenn alles eingespeist werden würde, das Stromnetz überbelastet wäre und kollabieren würde. Die Windkraftanlagen, die der Stromnetzbetreiber dann vom Netz nimmt, kriegen als Ausgleich dann trotzdem dieselbe Vergütung, wie wenn der Strom in das Netz geflossen wäre. Dieses Phänomen nennt man „Redispatch-Kosten“.
Ein Problem, das mit steigendem Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien immer regelmäßiger wird – denn bekanntermaßen ist Strom aus Wind und Sonne nicht planbar, wie etwa Atom- oder Kohlestrom. Die Rechnung zahlt der Verbraucher, denn die Stromnetzbetreiber geben die Kosten an den Kunden direkt weiter. Die „Redispatch-Kosten“ in Großbritannien kosten den Verbraucher so jedes Jahr Hunderte Millionen Pfund. In Deutschland waren es 2022 2,6 Milliarden Euro für Redispatch-Kosten. Tendenz: stark steigend.
Als wenn das nicht schon teuer wäre, kommt jetzt die enthüllende Bloomberg-Recherche hinzu. Denn die Windanlagenbetreiber tricksen die zu zahlenden Kosten noch weiter nach oben. Bloomberg berichtet, dass einige Windparkbe
treiber in den Angaben, wie viel Energie sie angeblich produzieren wollen, bewusst übertreiben, was die Zahlungen, die sie für die Abschaltung erhalten, in die Höhe treibt. Bloomberg beruft sich dabei auf neun Personen – Händler, Akademiker und Marktexperten –, von denen sich die meisten bereit erklärten, über dieses kontroverse Thema nur unter der Bedingung der Anonymität zu sprechen.
Mit diesen Experten zusammen habe man 30 Millionen Datensätze von 2018 bis Juni 2023 analysiert, um die täglichen Prognosen der Windkraftbetreiber über die geplante Energieerzeugung mit ihrer tatsächlichen Produktion ohne Drosselung zu vergleichen. Von 121 Windparks in der Analyse überschätzten 40, also ein Drittel, ihre Leistung im Durchschnitt um 10 Prozent oder mehr, 27 von ihnen überschätzten ihre Leistung sogar um mindestens 20 Prozent.
Beispiele findet Bloomberg genug: Der Windpark Fallago Rig von Electricite de France SA nahe der schottischen Grenze gab etwa an, 27,1 Prozent mehr Strom zu erzeugen als er es wirklich tat – in einem Zeitraum von fünf Jahren. Beim Windpark Crystal Rig II von Olsen Renewables ging es sogar um 35,5 Prozent mehr Strom. Ventient Energy, unterstützt von der Vermögensverwaltungssparte von JPMorgan Chase & Co., hat die Leistung seines Windparks Farr um 28,7 Prozent überbewertet.
Sprecher von EDF und Fred Olsen reagierten in Pressemitteilungen auf die Vorwürfe defensiv. Man nehme die Einhaltung der Marktvorschriften sehr ernst nehmen und würde mit Drittfirmen zusammenarbeiten, um seine Prognosen zu erstellen. Natural Power, ein Beratungsunternehmen, das Prognosedienstleistungen für beide Unternehmen anbietet, sagte, es habe sich stets an der „Best-Practice-Methodik der Branche“ orientiert. Ventient und JPMorgan lehnten dagegen eine Stellungnahme ab.
Eine Ausrede, die Experten nicht überzeugt: „Der durchschnittliche Fehler sollte nahe null liegen. Sie sollten genauso oft zu wenig vorhersagen wie zu viel vorhersagen.“, so Jethro Browell, Dozent an der Universität Glasgow und Experte für Energieprognosen.
Doch die Datenanalyse zeigt, dass das nicht der Fall ist. Tatsächlich lieferten mehr als die Hälfte der Windparks, so Bloomberg, ihre Werte mit einem Abweichungswert innerhalb von 5 Prozent. Darüber hinaus hat etwa ein Viertel von ihnen ihre Leistung sogar zu niedrig angegeben. Umso klarer fällt demnach auf, dass die Windanlagen, die so eklatant überschätzt haben, wohl nicht nur fahrlässig waren, sondern vermutlich bewusst ihre Zahlen aus ökonomischem Interesse zu hoch gerechnet haben.
Schwierig ist es, die Kosten, die dadurch für den Verbraucher entstanden sind zu schätzen. Bloomberg geht für Großbritannien jedoch von 51 Millionen Pfund Mehrkosten seit 2018 aus. Nachdem diese Geschichte am Donnerstag veröffentlicht wurde, teilte ein Ofgem-Sprecher Bloomberg mit, man habe mit der „Untersuchung des mutmaßlichen Verhaltens“ begonnen. Die Regulierungsbehörde habe auch den Netzbetreiber von National Grid PLC gebeten, die Angelegenheit zu untersuchen, sagte der Sprecher. „Wir werden weiterhin daran arbeiten, die Marktintegrität und die Verbraucher zu schützen.“ Jedes Unternehmen, bei dem festgestellt wird, dass es absichtlich ungenaue Prognosen abgibt, muss mit einer erheblichen Geldstrafe rechnen, sagte Ofgem in einer früheren Erklärung.
Deutschland zahlt bei weitem mehr Redispatch-Kosten als Großbritannien. Während sich die Kosten bei unserer stark auf erneuerbare Energien fokussierter Stromerzeugung auf 2,69 Milliarden Euro belaufen, zahlt Großbritannien laut Bloomberg 800 Millionen Pfund, also knapp eine Milliarde Euro.
In Deutschland erfolgt der finanzielle Ausgleich über die Bundesnetzagentur. Und auch diese vertraut bei der Vergütung des nicht-eingespeisten Stroms auf die Angaben der Betreiber der Windkraftanlagen. In einem Beschluss aus 2021 bezüglich der Redispatch-Kosten verpflichteten sich die Anlagenbetreiber Stammdaten, Planungsdaten und Echtzeitdaten an die jeweiligen Anschlussnetzbetreiber zu übermitteln.
Auf Anfrage von Apollo News, ob es in Deutschland auch zu solchen Manipulationen käme, sagte ein Sprecher der Bundesnetzagentur, „dass eine Studie zur Angemessenheit von Redispatchzahlungen bei Windenergieanlagen in Deutschland ist der Bundesnetzagentur nicht bekannt“ sei. „Die Mechanismen des Redispatch und der darauf aufbauenden Entschädigungszahlungen sind in Deutschland darauf ausgerichtet, den von Abregelungen betroffenen Anlagenbetreiber nicht schlechter und nicht besser zu stellen, als ohne Abregelung.“
Zahlungen würden „so gut es geht objektive Werte zugrunde gelegt“ werden. „Insbesondere spielt die Erzeugung zum Abregelungszeitpunkt, die sich objektiv bestimmen lässt, eine wichtige Rolle. Zuständig für eine Plausibilisierung der in Rechnung gestellten Beträge sind die Netzbetreiber, bei denen die Bundesnetzagentur wiederholt die Vorgehensweise – gerade auch im Blick auf eine einzelfallbezogene Betrachtung – kritisch hinterfragt hat.“